Germania-Ruderin Barbara Rademann erhält heute den Äquatorpreis
Für zahlreiche Wanderruderer ist die Verleihung des Äquatorpreises die Vollendung des sportlichen Lebenswerkes. Barbara Rademann sieht das anders: Sie habe davon „eher zufällig“ erfahren. Die 66- Jährige hat in den vergangenen 20 Jahren 40077 km rudernd zurückgelegt, also theoretisch einmal die Erde umrundet. Dafür wird sie heute im Clubhaus der Rudergesellschaft Germania Kiel ausgezeichnet.
Insgesamt 438 Äquatorpreisträger gibt es in Deutschland. In Kiel ist Rademann nach dem Tod ihrer Klubkameradin Wilma Rehder die einzige „Weltumruderin“. Sie trägt alle Kilometer bei Wanderfahrten, Regatten oder Trainingseinheiten über 30 km in ein Fahrtenbuch ein. Jährlich müssen die Hefte dem Deutschen Ruderverband vorgelegt werden. „Wilma hat sich immer darum gekümmert. Vor drei Jahren hat sie mir plötzlich gesagt, dass mir nur noch 8000 Kilometer fehlen würden“, so Rademann. „Da wurde mir das erst richtig bewusst.“
Reisen – mit dem Boot – ist ihr Hobby. Bei den mehrtägigen Wanderfahrten im Zweier oder Vierer mit Steuermann trifft sie Ruderfreunde aus ganz Deutschland. „Wenn der Fahrtenleiter morgens die Bootseinteilung vornimmt, weiß ich schon, ob die Kameraden ordentlich was‘ wegziehen können“, sagt die Rentnerin. Ein Streckenabschnitt beträgt etwa 70 km, solange muss es die Crew miteinander aushalten. „Und abends wird der Flüssigkeitspegel mit Bier wieder aufgefüllt“, so Rademann. Sie ist in den vergangenen Jahren durch das Eiserne Tor entlang der serbisch-rumänischen Grenze oder mehrfach auf der Weichsel zwischen Krakau und Danzig gerudert. „Meine absoluten Highlights“, sagt sie. Immer mit dabei ist ihr Ehemann Klaus. Er sagt: „Gegen Barbara habe ich keine Chance, sie rudert immer vorneweg.“
Während sich der Germania-Nachwuchs in den Wintermonaten in die Krafträume und auf die Ruderergometer zurückzieht, genießt Barbara Rademann die Ruhe auf der Förde. „Keine Dampfer, keine Segler, keine Motorboote – die Stimmung ist einfach traumhaft auf dem Wasser“, schwärmt sie. Ihr Trainingsprogramm ist straff geregelt. Viermal pro Woche rudert die Kielerin jeweils anderthalb Stunden, dienstags spielt sie Floorball, donnerstags geht es zum Spinning. „Samstags habe ich frei“, sagt sie grinsend.
Die hart erarbeitete Schlagkraft benötigt Rademann aber nicht nur für die Wanderfahrten. Beim jährlich ausgetragenen Weser-Marathon über 80 km von Münden bis Hameln geht sie an ihre körperlichen Grenzen, rudert zehn Stunden – ohne Unterbrechung. „Eine so lange Distanz teile ich mir vorher im Kopf ein“, sagt die Zahnärztin. Am Ende zückt sie dann auch noch ihr Fahrtenbuch. Aktueller Stand fürs laufende Jahr: satte 3925 Kilometer.
Von Sven Hornung
Quelle: Kieler Nachrichten, 5. November 2011